Datamoshing: Unterschied zwischen den Versionen

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In der Betrachtung schaffen „gemoshte“ Bilder eine ästhetische Erfahrung, indem in ihnen
 
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Störung löst der Parasit Metamorphosen aus. Das belebt die Struktur." (ebd.)
 
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Botschaft vom Störgeräusch zu trennen. Das Störgeräusch erreicht, wofür es eben da ist,
 
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„Der Parasit greift ein; wie ein Fluktuationselement dringt er in das System ein. Er
 
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regt es an oder treibt es an (...), er setzt es in Bewegung oder paralysiert es.“(Serrres, Der Parasit, S.294.)
 
regt es an oder treibt es an (...), er setzt es in Bewegung oder paralysiert es.“(Serrres, Der Parasit, S.294.)

Version vom 12. Januar 2012, 22:55 Uhr


Beim Datamoshing wird in diese Struktur des Datenalgorithmus eingegriffen. Durch das entfernen der Referenzbilder (i-Frames) lässt sich die Bewegung einer Bildergruppe auf die Pixel einer anderen Gruppe übertragen, der somit eine neue Referenz zugewiesen wird (Ute Holl: »Vom Kino- Eye zur You Tube«). Dadurch entstehen Bilder, die man auch als extreme Zeitbilder bezeichnen kann.

„Nicht nur die Entkopplung von Handlung und Wahrnehmung in einer Dauer, sondern das haltlose Surfen der Wahrnehmung auf den oszillierenden Oberflächen der Bilder und die unmögliche Zeitlichkeit in der Berechnung eines Δt der voraus kalkulierenden Bildkomposition sprengen solche Bilder aus jeder räumlichen Referentialität.“ (Ute Holl ebd.)

Δt ist der physikalische Ausdruck für eine zeitliche Differenz zwischen zwei definierten Zeitpunkten, also in einer geradlinigen Zeitstruktur, welche durch das Datamoshing gebrochen wird. Es entstehen verschiedene, nebeneinander existierende Zeitlichkeiten, Rückkopplungen und Diskontinuitäten. Die Struktur der Zeit wirkt sich auch immer auf den Raum aus, der in diesem Fall eben seine Referenzen verliert und durch ein Rauschen beherrscht wird.

In der Betrachtung schaffen „gemoshte“ Bilder eine ästhetische Erfahrung, indem in ihnen ein möglicher, weil nicht mehr klar entzifferbarer Inhalt gesucht wird. Die extremen Zeitbilder werden so als Störung im Bild sichtbar, welche sich mit Serres als Botschaft lesen lässt. Serres leitet dies vom französischen parasité ab, welches neben dem „Schmarotzer“ auch das technische Rauschen meint. Diese Störung kann als eine mögliche Botschaft gelesen werden (Kathrin Busch: »Parasit, Parasitentum«)

„Nicht nur das Medium, auch sein Störgeräusch ist die Botschaft. Als solch eine Störung löst der Parasit Metamorphosen aus. Das belebt die Struktur." (ebd.) Will man eine Botschaft übermitteln benötigt man, wie das Wort „übermitteln“ selbst aussagt, ein Mittel, ein Medium. Dieses Medium transportiert zwar die Botschaft, hat aber auch immer ein eigenes, durch die Übersetzung in das Medium entstandenes Grundrauschen. Als Empfänger dieser Botschaft ist es schwierig/fast unmöglich die Botschaft vom Störgeräusch zu trennen. Das Störgeräusch erreicht, wofür es eben da ist, es irritiert, es stört.

„Der Parasit greift ein; wie ein Fluktuationselement dringt er in das System ein. Er regt es an oder treibt es an (...), er setzt es in Bewegung oder paralysiert es.“(Serrres, Der Parasit, S.294.) Das Störgeräusch macht etwas mit der Botschaft. Sie wird verändert, möglicherweise sogar unlesbar. Aber selbst dann, müsste etwas übrig bleiben, denn etwas ist neben der Botschaft immer da. Auch wenn der Parasit letztendlich seinen Wirt fressen würde, bliebe ja der Parasit übrig.


siehe auch:Kompressoren