Stroboskopisch
Stroboskopisch oder die Störung
Störungen haben für den Film eine besondere Bedeutung, welche nicht mit einer destruktiven Konnotation belegt ist. Die Störung ist ein essenzieller Bestandteil, welcher auf Video übertragen worden ist. Man erinnere sich an die frühe Zeit des Kinos: Jedes Bild auf dem sich zwischen zwei Spulen auf- und abrollenden Filmbandes wurde einmal kurz beleuchtet und für die Zeit, in der es weiterlief bis das nächste in Projektionsposition war, saß der Zuschauer im Dunkeln. Für das Auge äusserte sich dieser Vorgang als Flimmern. Das dürfte rund die Hälfte der Zeit gewesen sein. Jetzt, da Filme digital (auf Video) projiziert werden, gibt es keine wirklichen Einzelbilder mehr, sondern quasi ein einziges Bild, in dem sich dessen Bestandteile, die einzelnen Bildpunkte (Pixel) verändern. In seiner Materialität hat das digitale Video mit seinen Datensätzen wenig mit dem analogen Filmband zu tun. Man „filmt“ eigentlich mit Computern und beruft sich absurder Weise trotzdem auf die Filmgeschichte. Schliesslich steht man in dieser Tradition, weiß aber auch um die Vorteile und Möglichkeiten der modernen Technik. Das Datamoshing ist so eine Möglichkeit, die sich erst mit Video ergeben hat.
Das Flimmern des Films ist heutzutage durch eine schnellere Bildrate, nämlich 24 Bildern pro Sekunde, abgeschafft. Die Dunkelzeit bleibt zwar, ist aber für das Auge nicht mehr sichtbar. Diese Pause ist eine Grundvorraussetzung, um das Bewegte im bewegten Bild, als solches verstehen zu können. „Die Unterbrechung des Einheitlichen“ (Serres, "Der Parasit"), die Pause, gehört auch zur Grundstruktur jedes digitalen Apparats. Denn dort gibt es nur zwei Zustände: An oder Aus. Die Unterbrechung, die Leerstelle, sind Abgrenzungen, die für jeden Computer, sogar für jedes Schriftbild von existenzieller Bedeutung sind. Der Platz zwischen den Linien und Buchstaben ist genauso wichtig, wie der Buchstabe selbst, weil es sonst keine Differenz gäbe, sondern nur weiß oder nur schwarz. Daten kann man in Nullen und Einsen auftrennen, also ein ähnliches Prinzip: Licht an, Licht aus.
Video wird mit 25 Bildern (00-24) bzw. 50 Halbbilder aufgenommen. Die Notwendigkeit, die Bilder in Halbbilder zu teilen, hat mit den bei der Einführung vom PAL Standart eingeschränkten Übertragungskapazitäten zu tun, sodass man die großen Vollbilder halbieren und doppelt so viele kleinere Halbbilder übertragen musste. Entscheidend ist nun, dass auch hier das Einheitliche unterbrochen wird und auch in diesem Fall diese Störung des Bildes konstitutiv für das Verständnis des Bewegtbildes und der darin enthaltenen Information ist. Das Flimmern, die Pause, jene Unterbrechung des Einheitlichen, ist also selbst schon eine Störung, welche von grundlegender Bedeutung für das Verständnis einer Botschaft/ Information ist: Die Störung ist Teil des Bildes.